Vorstellung der Teilnehmer der Bildungskonferenz – heute: Immanuel Wolf

Immanuel Wolf ist 27 Jahre alt und ist in Deutschland weitestgehend ohne Schule aufgewachsen. Irgendwann in der zweiten Klasse einer Waldorfschule, so sagt er, sass nur noch sein Körper in der Klasse, während sich sein Geist mit den Bäumen vor dem Fenster beschäftigte. Kopfschmerzen und Bauchschmerzen, bis der Schulbus abgefahren war, waren die Folge. Der Höhepunkt war wohl , dass ihn sein Vater ins Klassenzimmer trug. Die Lehrer meinten, man müsse dieses Prozedere nur ein paar Mal wiederholen, und irgendwann würde er schon wieder selber zur Schule gehen. Doch seine Eltern beschlossen da, ihn nicht weiter zur Schule zu zwingen. Die Beschäftigung mit Rebeca und Mauricio Wild, die auch viele freie aktive Schulen inspirierten sowie Vorträge von Olivier Keller* bestärkten sie darin.

In den folgenden Jahren besuchten Immanuel und später auch seine Geschwister kurz eine freie Schule, lebten jedoch die meiste Zeit ohne Schule . Teilweise versteckt, später dann offen, da sie die Heimlichkeiten ebenfalls als sehr anstrengend empfanden. Irgendwann bekamen die Behörden mit, dass die Kinder nicht zur Schule gingen.   Erst hat sich das Schulamt gemeldet, es gab Bußgeldverfahren, Reintegrationsmaßnahmen, ein Sonderschullehrer kam für eine paar Wochen regelmäßig zu Besuch. Später kam eine Anzeige wegen vermuteter Kindeswohlgefährdung dazu, Gespräche mit dem Jugendamt und letztlich auch ein Verfahren vor dem Familiengericht, bei es dem um einen teilweisen Sorgerechtsentzug ging. Das Ganze zog sich über einige Jahre; Immanuel sagt, sie haben dabei meistens den ungefähren Ablauf und die nächsten Schritte übersehen können.

Irgendwann gingen die Kinder der Familie Wolf dann aber doch wieder zur Schule. Der staatliche Druck und die Scheidung der Eltern werden die entscheidenden Faktoren gewesen sein. Altersgemäß kam Immanuel in die 9., seine Brüder in die 7. und 5. Klasse.

Inhaltlich hatten die Brüder mit dem Einstieg wenig Schwierigkeiten. Sie hatten sich aus Neugierde und Interesse schon mit vielem beschäftigt hatten und weil in den Klassen die Themen oft auch mehr abgesessen werden und vieles lediglich für die Klassenarbeiten im Kurzzeitgedächtnis landet. Mit Englisch hatte Immanuel die größten Schwierigkeiten, sagt er, wobei es in diesem Bereich die größte Entwicklung gab, als er über die Sommerferien an einem Workcamp in England teilnahm. Mathe machte ihm richtig Spass, das hatte mitunter für ihn etwas von Rätseln knobeln. Texte lesen und verstehen sowie eigene Texte zu schreiben, hatte er schon vorher viel und gerne gemacht. Und gerade was gesellschaftliche oder historische Zusammenhänge anging, hatte er sich da schon viel intensiver und detaillierter auseinandergesetzt, als es im schulischen Rahmen möglich ist. Die Schule war eine sogenannte ‚Brennpunktschule‘ einer etwas größeren Stadt, in der die Jungs dann bei ihrem Vater lebten. Der Hauptschulzweig war sehr geprägt von Perspektivlosigkeit der Mitschüler und deren frustrierender Erfahrung jahrelang aussortiert worden zu sein. Auch die Lehrer hatten da kein optimistischeres Bild, obwohl sie sehr bemüht und engagiert waren.

Bald wechselten alle Brüder von der Haupt- auf die Realschule. Immanuel verließ nach dem Realschulabschluss, dann im Gymnasium, die 11. Klasse, sein Bruder Semjon machte ein Fachabitur, sein Bruder Juri das Abitur.

Nach der Schule stellten sich die großen Fragen, die sich wohl immer stellen, wenn man anfängt das eigene Nest zu verlassen. Abwehr und Abgrenzung zum gerade durchlebten Schulsystem prägten Immanuel in der Zeit emotional. Er fühlte sich an drei Orten an verschiedenen Enden Deutschlands gleichzeitig ein bisschen zu Hause, reiste zwischen diesen und auch sonst viel herum, nahm wieder mehr an verschiedenen gewaltfreien Aktionen teil, gegen Gentechnik, Kohle- und Atomkraftwerke. Machte mit zwei freilernenden etwas jüngeren Freunden eine Radtour um die Ostsee, bei der sie ein halbes Jahr unterwegs waren. Für ein Dreivierteljahr lebte er nochmal in der Stadt seines Vaters, lernte sehr verschiedene politische Zusammenhänge kennen und nutzte die Möglichkeiten der Stadt.

Immanuel war bis vor kurzem im Vorstand des BVNL, Bundesverband für Natürlich Lernen! e.V. und dort viele Jahre sehr aktiv. Mit anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen organisierte er in Frankreich die ersten Jugendtreffen, die bald halbjährlich stattfanden. Diese irgendwann „Septré“ genannte Gruppe wurde schnell größer. Zwischen ihren eigenen Treffen nahmen sie als Gruppe auch an anderen Veranstaltungen teil, unter anderem am beliebten „Home Educators Summer Festival“ (HesFes) in England. Schließlich organisierten sie ihr eigenes Festival und ließen sich zu diesem Zweck auch als Verein eintragen. Beim ersten Schulfrei-Festival nahmen fast 400 Menschen teil, ein Jahr später waren es fast 500. Das Schulfrei-Festival 2015 findet vom 17.-20. September in Klein-Leppin in der Nähe von Berlin mittlerweile zum dritten Mal statt – und ist seit vielen Wochen ausverkauft.

Aus einem Rundbrief, den die Familie Wolf schon über 14 Jahre lang herausgab, ist inzwischen die Freilernerzeitschrift entstanden und erscheint alle 2 Monate im Abonnement. Immanuel ist seit einigen Jahren in der Redaktion aktiv und möchte dieser Tätigkeit jetzt nach seinem Ausscheiden aus dem BVNL-Vorstand mehr Raum geben.

Die Medien interessierten sich natürlich auch immer wieder für die Wolfs, so z.B. hier:

Süddeutsche Zeitung „Die Drei von der Baumschule“

MAZ „Die Vier aus der Bude“

 

 
Wie funktioniert das denn mit dieser Online-Bildungskonferenz?

Wie die letzten Jahre festgestellt, können zu Veranstaltungen an einem festen Ort und zu einer festen Zeit gerade mit kleinen Kindern nie alle Interessierten kommen, oder es kann vielleicht nur ein Elternteil oder Partner teilnehmen. Und auch von Seiten der Interview-Partner oder Speaker ist es sehr schwierig, alle aus dem In- und Ausland entsprechend zusammenzuführen. Dabei träume ich schon lange von einer solchen Konferenz.

Die Lösung: deswegen gibt es das Ganze jetzt online !

Über YouTube o.ä. wirst Du alle Vorträge und Interviews bei Dir zuhause anschauen können.

In Kürze wird auch die Anmeldung zum Kongress online gehen. Wegen des genauen Zeitpunktes bitte ich noch um etwas Geduld, die Konferenz wird aber voraussichtlich im Winter stattfinden und insgesamt eine Woche lang dauern. Die jeweiligen Informationen zu den einzelnen Expertenterminen erhälst Du per mail.

 

 

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