Worum geht es im Bildungskongress? – Teil 2: Was ist freies Lernen überhaupt?

Freies Lernen – immer öfter hört man dieses Schlagwort. Selbst in staatlichen und privaten Schulen soll mittlerweile teilweise etwas freier gelernt werden – zumindest in denen mit sogenannter „reformpädagogischer Ausrichtung“ (damit steckt man aber noch mitten in Lehrplänen – aber dazu irgendwann an anderer Stelle mehr).

Uns Deutschen ist das suspekt mit dem freien Lernen. Wir lebenden Deutschen sind alle durch unser hochgelobtes Schulsystem geschleust worden. Wirklich alle? Und stimmt das mit dem „hochgelobt“? Immerhin hört man auch Kritik – vermehrt in der letzten Zeit.

Gerade vor kurzen hat beispielsweise ein junger Mann namens Esra Reichert – einer unserer Interviewpartner – Abitur gemacht, ohne 13 Jahre die Schulbank zu drücken. Und zwar ein gutes Abitur. Wie andere auch mit kurzer Vorbereitungszeit. Junge Menschen wie er sind zwar immer noch selten, gerade in Deutschland mit seiner immer noch vorhandenen Schulpflicht, aber es werden immer mehr – auch hier. Derzeit werden sie von vielen noch erstaunt – verwundert – ungläubig beäugt, die jungen Menschen aus „Freilernhaltung“.

Denn für Viele ist es nach wie vor suspekt bis einfach nicht vorstellbar, wie und dass man ohne Schule lernen kann. Und – oh Wunder – auch gänzlich ohne Unterricht oder eine vorgegebene Lernstruktur.

So, wie es bei einem schulfreien Leben oder auch teilweise in freien, aktiven oder demokratischen  Schulen stattfindet.

Das dürfen wir wieder zeigen und sehen.

Leben ist Lernen

Leben ist Lernen. Wir lernen in jedem Moment, mit jedem Atemzug, von der Geburt bis zum Tod. Dies umso mehr, je mehr wir auch tatsächlich am „echten Leben“ teilnehmen: uns in Beziehungen begeben, uns miteinander auseinandersetzen, die Welt erkunden, Reisen, neue Orte besuchen, Dinge ausprobieren, einander zuhören, uns selbst reflektieren, Menschen bei ihrer Arbeit zusehen und fragen, ob sie uns etwas zeigen, uns Mentoren suchen, Vorbilder finden und von ihnen lernen, in verschiedenen Alterskonstellationen zusammen sein, ausprobieren und feststellen, wie wir uns Dinge am besten aneignen können und vieles andere mehr.

Wir kommen auf die Welt und lernen ab dem ersten Moment. Wir fangen an mit unserem ersten Atemzug. Niemand muss ein gesundes Kind anschieben oder ihm einen Vortrag halten und erstmal die wichtigsten Infos vermitteln, damit es sich dreht oder beginnt zu robben. Oder damit es seine ersten Worte spricht. Wir sind soziale Wesen, wir wollen miteinander in Kontakt kommen. Wir wollen gesehen werden, wahrgenommen werden. Und wir entwickeln uns in unserem eigenen Tempo.

Dem ganz kleinen Kind gestehen wir das meist noch zu – zumindest bis zu einem gewissen jungen Alter oder einem bestimmten Punkt, Stichwort Frühförderung oder Portfolioarbeit. Allerspätestens mit Schulbeginn oder vergleichbarem Alter endet das aber meist. Da ist dann die öffentliche Meinung über das, was Kinder in Alter X können sollen, klar; in Alterseinheiten eingeteilt, lehr- und bildungsplangenormt. Institutionelles Lernen ist in feste Einheiten eingeteilt und lässt Menschen, die sich außerhalb des „Mittelfeldes“ befinden, oft zurück. Außerdem wird spätestens dann davon ausgegangen, dass Kinder dann nicht mehr selbst oder nach Vorbild lernen können, sondern dass es eine Person braucht, die ihnen Wissen vermittelt, sie mit Wissen befüllt, ihnen etwas „beibringt“. Das Ergebnis ist leider häufig vielmehr, dass die Kinder verlernen zu lernen bzw. den Glauben an sich, ihre Fähigkeiten und ihr Lernen-Können verlieren.

Das Kind will gesehen werden, wahrgenommen werden, um sich entfalten zu können.

Lernen ist nicht Wissensvermittlung. Diesem Irrtum sitzen wir aber immer noch oft auf. Reines Wissen, Fakten und Daten werden in unserer Informationsgesellschaft, in Zeiten zunehmender digitaler Vernetzung und auch immer schnelleren Veraltens von Wissen immer weniger wichtig – sind sie doch immer vielfältiger und immer schneller überall und kostenlos verfügbar. Wir alle wissen, dass die Möglichkeiten nahezu unendlich sind – und derzeit ist das für viele Freud und Leid zugleich, denn darauf sind wir nicht vorbereitet und laufen daher auch schnell Gefahr, uns in all diesen Möglichkeiten zu verlieren. Aus Schule und Erziehung kennen wir es so, dass es jemanden gibt (eine Person oder Institution), die uns Orientierung gibt. Statt dessen wird es immer wichtiger, herausfinden zu dürfen, wer bin ich denn eigentlich? Was will ich, was ist mir wichtig im Leben? Was sind meine Werte? Was treibt mich innerlich an? Das brauche ich, um Orientierung in mir selbst zu finden. Damit kann ich die unendlichen Informationen filtern bzw. für mich einordnen. Die Dinge, die man dann lernen will oder wissen möchte, da gibt es ja für alles entsprechende Möglichkeiten, sie sich anzueignen, online wie offline.  Dies umso mehr, als wenn ich mich gut kenne, ich auch weiß, wie eigne ich mir am besten Daten und Fakten an? Für das, was ich nicht kann, aber können möchte, wie finde ich jemanden, der es mir zeigt, von dem ich lernen kann? Wie finde ich meine Ressourcen?

Alles eine Frage der Haltung

Voraussetzung ist eine offene Haltung. Vertrauen in das Kind und in mich selbst und ein Miteinander auf Augenhöhe.

Wenn mir vertraut wird und ich mich wertgeschätzt fühle, dann kann ich auch offenen Auges in die Welt hinausgehen. Dann kann ich Vertrauen in mich selbst entwickeln – bzw. es behalten, denn das sehr kleine Kind hat das ohnehin. Und aus diesem Vertrauen heraus kann ich Entscheidungen treffen, klar sein, die Richtung finden.

Dies gilt schon für sehr junge Menschen. Daher geht es um eine Grundhaltung. Eine Haltung, die von Bedürfnisorientierung, einer sehr weit gefassten Gewaltfreiheit und einem Miteinander auf Augenhöhe und in Gleichwürdigkeit ab Geburt ausgeht. Die es zulässt, dass der kleine Mensch ein Gespür entwickeln kann für seine Bedürfnisse, für seine Gefühle, für seine Grenzen. Und darauf vertrauen kann, dass diese auch von anderen wahrgenommen, gewertschätzt und eingehalten werden.  Und nicht als Handlung eines „kleinen Tyrannen“ abgetan werden.

Wenn ich diese beiden Eigenschaften jedoch habe oder mir zurückerobere – Vertrauen in mich und das Wissen, wie ich mir am besten Dinge aneigne- dann kann ich nahezu alles tun und nahezu alles lernen, meist halt eben auch noch in kürzerer Zeit. Dann habe ich auch diesen Glaubenssatz nicht, dass alles nunmal schweeer ist und lange dauert, das Leben eben kein Ponyhof ist und Schule sein muss, man viele Sachen einfach nicht anders lernen kann. Von dem muss ich mich oft aber erstmal wieder trennen, zu tief ist er in uns verankert. Alte Muster und Glaubenssätze wollen gesehen und eventuell überwunden werden.

Dann darf ich außerdem davon ausgehen, dass die reine Wissensvermittlung das Unwichtigste ist. Dann darf ich darauf vertrauen, dass der Mensch, dem ich so entgegentrete, selbst von Geburt an über alle Voraussetzungen in sich drin verfügt, die die Basis für alles sind, was er jemals brauchen wird.

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